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18.

Jun

Frau Kruse, Frau Prötzsch, Sie haben aus einem Projekt heraus ein Programm entwickelt, das die Entwicklung einer Leistung gemäß Onlinezugangsgesetz (OZG) in zehn Tagen möglich macht. In welchen Fällen ist eine so schnelle Umsetzung nötig?

Kruse: Das sind vor allem Situationen, in denen die Verwaltung zu schnellem Handeln gezwungen sind. Manchmal verlangen neue Gesetze danach, manchmal entsteht der Druck durch Katastrophen bzw. im Ausnahmezustand. Für Berlin sind das Anträge im Zusammenhang mit dem neuen Mietendeckel gewesen und jetzt die Anträge auf Entschädigung für Arbeitgeber und Selbständige im Zusammenhang mit Quarantäne bzw. Tätigkeitsverbot und Kita-​Schließungen aufgrund des Corona-​Shut-Downs. 

Prötzsch: Letztlich aber ist die Notwendigkeit einer schnellen Umsetzung keine Ausnahme. Die hohe Zahl der Verwaltungsleistungen, die bis Ende 2022 online verfügbar sein müssen, erfordert in jedem Fall eine zügige Umsetzung! Und: Wenn es schnell vorangeht, dann entsteht eine gewisse Begeisterung für die Digitalisierung – bei den Projektbeteiligten, in der Verwaltung insgesamt, aber auch die Verwaltungskunden reagieren positiv!  

 

Wie funktioniert „In zehn Tagen zur OZG-​Leistung“?

Kruse: Wir haben das Vorgehen standardisiert. Das heißt die Anforderungserhebung zur Konzeption der Online-​Leistung erfolgt standardisiert und gleichzeitig behörden-​individuell. Wir verfügen über einen großen Methodenkoffer, ein breites Portfolio, aus dem wir die passende Methode auswählen.

Prötzsch: Wichtig für die Wahl der Methode ist, sich im Vorfeld Klarheit darüber zu verschaffen, welchen Reifegrad die Anforderungen haben. Dahinter steckt vor allem die Frage, wie neuartig die jeweilige Leistung ist. Wenn gewünscht, setzen wir auch agile Erhebungs-​ und Umsetzungsmethoden ein. Die Umsetzung erfolgt mit einer klaren Rollenzuweisung in interdisziplinären Teams und mit einer routinierten Steuerung. Grundlage dafür ist eine detaillierte, erprobte Checkliste.

Kruse: Diese vorgedachten Standards und Bausteine sind von zentraler Bedeutung. Es liegen nicht nur Checklisten vor, sondern auch nachnutzbare Formularbausteine, die BITV-​konform sind. Darüber hinaus braucht es ein standardisiertes Datenformat, beispielsweise XFall, und eine einheitliche Übergabe an die jeweiligen Fachverfahren. Grundlage sind außerdem einheitliche Vereinbarungen etwa hinsichtlich Datenschutz.   

 

Welche Voraussetzungen hat die schnelle Umsetzung darüber hinaus?

Kruse: Das A und O ist das standardisierte Vorgehen, das wir „Fertigungsstraße“ nennen und die jeweilige Anpassung. In der Fertigungsstraße hat jede Rolle klare Aufgaben, die in feststehender Reihenfolge abgearbeitet werden, und klare Verantwortlichkeiten. Dadurch wissen alle Beteiligten stets, an welchem Punkt der Umsetzung sie sich gerade befinden, wer mit wem worüber kommunizieren sind und wer wofür verantwortlich ist. Unser Team bindet die Fachverwaltung ein in den klar geregelten Umsetzungsprozess.  

Wo wurde diese Vorgehensweise bereits angewendet?

Prötzsch: Im Land Berlin wurden und werden bereits mehr als zwanzig Anträge gemäß OZG mit unserer Fertigungsstraße umgesetzt. Teils sind die bereits produktiv, teils sind wir im Entwicklungprozess. In der Freien und Hansestadt Hamburg sind vier Anträge in der Produktivsetzung.  

 

Was ist das Besondere an dieser „Fertigungsstraße“?

Prötzsch: Die Fertigungsstraße kann als generisches Modell nicht nur an die Gegebenheiten der jeweiligen Behörde angepasst werden, zum Beispiel vorgesehene Beteiligungsprozesse berücksichtigen. Sie ist auch unabhängig von den verwendeten Umsetzungslösungen. Dadurch ist sie für alle Verwaltungen nutzbar, für die das Onlinezugangsgesetz gilt. Sie liegt als BPMN-​Modell vor, d.h. sie besteht aus generisch definierten Aufgaben, Lieferobjekten und Artefakten, Rollen und Zuständigkeiten für jeden Prozessschritt. Meilensteine definieren die jeweiligen Zustände eines Formulars. Darüber hinaus liegen detaillierte Beschreibungen des Vorgehens der Prozessbeteiligten sowie Kennzahlen für das Monitoring/Controlling vor. Mit anderen Worten: In der Fertigungsstraße gibt es einen klaren Ablauf mit einer gewissen Methodenfreiheit innerhalb der Umsetzungsphasen, klare Rollen und Zuständigkeiten. Gleichzeitig werden die Umsetzungsvorhaben durch ein erfahrenes Projektmanagement begleitet und unterstützt. Zwei weitere Besonderheiten sind einerseits die entwicklungsbegleitenden Barrierefreiheitstests, die für jedes Umsetzungsvorhaben durchgeführt werden, und andererseits die Beachtung von datenschutzrechtlichen Vorgaben.  

 

Zum Schluss: Wie können nun andere Behörden mit der Fertigungsstraße loslegen?

Kruse: Am Anfang steht immer ein „Erstaufnahmegespräch“, in dem wir die Rahmenbedingungen klären, die Größe und den Umfang des Antrags besprechen und aus wie vielen Teilanträgen eine Leistung besteht. Hilfreich ist natürlich, wenn ein paar Dinge vorliegen: definierte Prozesse, wie der Antrag anschließend bearbeitet wird, und Klarheit über die Datenfelder, die im Fachverfahren benötigt werden. Dann können wir den Antrag effizient „auf die Straße bringen“.

17.

Jun

DIPKO bietet aktuell den Betreibern von Schwimmbädern eine – ganzheitliche – Ticketing-​Lösung an. Was beinhaltet diese Lösung und welche Vorteile hat das für die Kommune? Mirco Pinske: Tatsächlich handelt es sich um eine Ticketing-​Lösung nicht nur für Schwimmbäder. Sie kann überall dort zum Einsatz kommen, wo Nutzer bzw. Bürgerinnen und Bürger sich anmelden und registrieren müssen, damit Besucherströme gesteuert werden können. Für die Schwimmbäder, aber auch für andere städtische Angebote ist das gerade jetzt unter Corona-​Bedingungen von zentraler Bedeutung. Teil der Lösung ist ein Identity-​Management-System, so dass eine Anmeldung für alle verbundenen Services ausreichend ist. Zusätzlich ist in die DIPKO das Zahlungssystem der GiroSolution, ein Unternehmen des Deutschen Sparkassenverbandes, integriert. Die Kommune oder das kommunale Unternehmen benötigt also einen Vertrag mit der GiroSolution – vielerorts gibt es den bereits –, um die digitalen Zahlungsvorgänge abzuwickeln. Wegen dieser integrierten Dienste und der Erweiterbarkeit sprechen wir von einer ganzheitlichen Lösung. Das alles bedeutet für die Kommune beziehungsweise den Betreiber wenig Aufwand für eine schnelle, leistungsfähige und skalierbare Lösung. Wir können sie in vielen Fällen innerhalb von fünf Tagen implementieren. Darüber hinaus können DIPKO-​Kunden das integrierte Treueprogramm für ihr Marketing nutzen. Und Corona war der Anlass, um diese umfassende Ticketing-​Lösung zu entwickeln? Mirco Pinske: Nein, die Lösung wurde bereits im vergangenen Jahr gemeinsam mit mehreren Stadtwerken entwickelt, um den Energie-​Kunden im Querverbund der Leistungen einen Mehrwert zu bieten. Denn oftmals sind die Stadtwerke nicht nur Versorgungsdienstleister, sondern betrieben auch Parkhäuser, den öffentlichen Personennahverkehr oder eben Schwimmbäder. Das hat sich in diesem Frühjahr als Glücksfall erwiesen. Denn als die Schwimmbäder nach dem Lock-​down wiedereröffnet werden konnten, waren wir sehr schnell in der Lage, unsere Ticketing-​Lösung auf die Anforderungen der Corona-​Schutz-Verordnung anzupassen. Dabei wurde viel Wert auf eine sichere und datenschutzkonforme Ausgestaltung der Lösung gelegt. So werden die Nutzerdaten automatisch nach vier Wochen gelöscht, so wie ja auch die Gastronomie die Daten ihrer Gäste nach diesem Zeitraum vernichten kann. Aber selbstverständlich erschöpft sich das Potenzial des digitalen Ticketings nicht in der Antwort auf die Corona-​Bedingungen. Welche Erfahrungen gibt es schon mit der Anwendung der Lösung? Mirco Pinske: Inzwischen wurden mehr als eine halbe Million Tickets über die Plattform verkauft. Die Rückmeldungen, die wir erhalten, sind ausgesprochen positiv. Durch die moderne AWS-​Architektur ist es noch nie zu Ausfällen gekommen, auch bei hoher oder extremer Last. Die Kunden sind zufrieden mit der einfachen Benutzung auch auf mobilen Endgeräten, auf denen mehr als 60 Prozent der Tickets liegen. Unsere Kunden, also die Betreiber von Schwimmbädern vermerken neben niedrigen Transaktionskosten, der schnellen Implementierung und der Belastbarkeit der Lösung auch die Möglichkeit positiv, die Nutzungsdaten mittel- und langfristig zu nutzen und dadurch ihre Angebote zu verbessern – was wiederum dann auch ihre Kunden freuen wird. Diese Ticketing-​Lösung kann ein Anfang sein! Welche Möglichkeit haben die Kommunen bzw. kommunalen Unternehmen, auf dieser Basis ihr Angebot weiter digitalisieren? Mirco Pinske: Weitere Module können leicht ergänzt werden, zum Beispiel das „Parken“, also der Verkauf bzw. Kauf von Parkscheinen. Der Login und die Zahlungsdaten aus dem Ticketing können dafür genutzt werden. Im nächsten Schritt kann daraus ein umfassenderes regionales Ticketing auf- bzw. ausgebaut werden für eigene Veranstaltungen, beispielsweise für das Stadttheater oder saisonale Events. Darüber hinaus lässt sich insgesamt daraus ein Identity-​Management für die Kommune entwickeln, das auch für Dienstleistungen von Bürgerämtern oder ähnliches angewendet wird. Welche Angebote sollen als nächstes in die Lösung bzw. das Paket von Lösungen integriert werden? Mirco Pinske: Die DIPKO wird die Lösung jetzt dahingehend erweitern, dass sie für andere kommunale Einrichtungen, beispielsweise von Theatern, genutzt werden kann. Dabei wollen wir gemeinsam mit der GiroSolution auch den Offline-​Verkauf, also den Vorverkauf oder den an der Abendkasse berücksichtigen, d.h. digitalisieren und dadurch vereinfachen. Und selbstverständlich ist vorgesehen, weitere kommunale Leistungen zu ergänzen – immer so, dass unsere Bestandskunden die neuen Module einfach integrieren können.

19.

Jun

Was bedeutet Digitalisierung für die Bundeswehr?

Andreas Höher: Auch die Bundeswehr ist als Teil einer zunehmend vernetzten Welt auf verlässliche Informations-​ und Kommunikationstechnik (IKT) angewiesen. Deren Verfügbarkeit sowie die Vertraulichkeit und Integrität der darin gespeicherten, übertragenen und verarbeiteten Daten haben besondere Bedeutung für die Wirtschaft, das öffentliche bzw. private Leben und insbesondere für die nationale Sicherheit Deutschlands. Der Cyber-​Raum ist damit ein wesentlicher staatlicher und strategischer Handlungsraum mit hoher Relevanz auch für den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung.

Steffen Wurzler: Gleichzeitig lassen sich konventionelle Muster von Streitkräften nicht mehr anwenden. In der digitalen Welt sind innere und äußere Sicherheit untrennbar miteinander verbunden. Cyber-​Sicherheit und Cyber-​Verteidigung sind in diesem Rahmen zu einer neuen strategischen Aufgabe für die Bundeswehr geworden. Neben dem verfassungsrechtlichen Auftrag zur Verteidigung Deutschlands und seiner Bürger muss die Bundeswehr nun ebenfalls in der Lage sein, Cyber-​Angriffe, die ebenfalls einen bewaffneten Angriff auf Deutschland darstellen, aktiv abzuwehren. Darüber hinaus muss die Bundewehr zur Gewährleistung der militärischen Handlungs-​ und Führungsfähigkeit – auch vor dem Hintergrund zunehmender Vernetzung moderner Waffensysteme und Kommunikationsmittel – die Sicherheit und Verfügbarkeit ihrer eigenen IT-​Komponenten und der von ihr im Cyber- und Informationsraum genutzten Ressourcen sicherstellen. Die Bundeswehr begreift dabei die Umsetzung der Digitalisierung nicht nur technologisch, sondern auch als eine Änderung von Denk- und Handlungsweisen im Sinne eines digitalen Selbstverständnisses.

 

Welche Ziele verfolgt sie damit?

Steffen Wurzler: Einerseits verfolgt die Bundeswehr hinsichtlich der Digitalisierung der Verwaltung sowie der IT-​Konsolidierung des Bundes die gleichen Ziele wie auch die anderen Ressorts des Bundes: Dies umfasst die Bereitstellung moderner und mobiler Arbeitsplätze ebenso wie die Anpassung von IT-​Prozessen sowie eine nutzerorientierte Servicebereitstellung. Auf der anderen Seite ist die Zielsetzung durch Einsatzorientierung und multinationale Zusammenarbeit geprägt. Diese Anforderungen umfassen die Fähigkeit zur „Vernetzen Operationsführung“, d.h. die Vernetzung von Aufklärungs-​, Führungs-​, Wirkungs-​ und Unterstützungssystemen, um letztlich eine Informationsüberlegenheit – und damit eine alle Teilstreitkräfte übergreifende Überlegenheit in der gesamten Reichweite militärischer Operationen – zu erreichen. Das Ziel der Informations-​ und einer daraus resultierenden Wirkungsüberlegenheit kann jedoch nur erreicht werden, wenn zudem Daten in Echtzeit vorliegen und analysiert werden sowie in einem Bundeswehr-​gemeinsamen Lagebild Berücksichtigung finden. Basis aller dieser zu erreichenden Ziele ist jedoch das priorisierte Ziel eines leistungsfähigen und durchgängigen Informations-​ und Kommunikationsverbundes. Die Ziele scheinen selbstverständlich und im Zeitalter der Digitalisierung vielleicht auch trivial, aber die Herausforderungen der Zielerreichung sind immens und bestehen auf unterschiedlichen Ebenen.

 

Welche Herausforderungen sind zu meistern?

Andreas Höher: Der Kernauftrag der Bundeswehr ist insbesondere in Einsatzszenarien durch ein leistungsfähiges digitales IT-​System sicherzustellen. In diesem Kontext müssen die Herausforderungen, die es zu meistern gilt, immer betrachtet werden. Schaut man sich diese genauer an, ist man natürlich bei den Faktoren Prozesse, Zeit, Abhängigkeiten – national und international –, Verantwortlichkeiten, Berücksichtigung von Standards und Konsolidierung der Basis-/Querschnitts-​IT und IT-​Infrastruktur in der Umsetzung der Digitalisierung. Die Notwendigkeit, neue digitale Führungsmittel in bereits über Jahrzehnte in der Bundeswehr in Nutzung befindliche Plattformen einzurüsten, ist zudem eine technologische Herausforderung. Das klassische Rüstungsmanagement mit teilweise mehrjährigen Entwicklungs-​ und Beschaffungsprozessen muss nun mit zum Teil unterjährigen Innovations-​ und Entwicklungszyklen im Rahmen der Digitalisierung synchronisiert werden. Dies wiederum bringt hohe Anforderungen im Rahmen der Sicherheit, Zuverlässigkeit, Skalierbarkeit und Flexibilität der eingesetzten Technologien mit sich. Diese neuen Technologien müssen auch autark und echtzeitfähig betrieben werden können. Um auf dem Schlachtfeld nicht „abgehängt“ zu werden, muss die Bundeswehr zudem stets am Puls der Zeit bleiben und neue Fähigkeiten möglichst verzugslos integrieren können. Dieses gilt es, für stationäre, verlegefähige wie auch für mobilen Einheiten zu gewährleisten.

 

Wie löst die Bundeswehr diese Herausforderungen?

Andreas Höher: Zunächst einmal muss deutlich werden, dass die Bundeswehr als ein Element der staatlichen Sicherheitsvorsorge nicht frei in der Wahl der Mittel ist, sondern eine Vielzahl von nationalen und internationalen Vorgaben zu berücksichtigen hat. National sind hier z.B. die IT-​Konsolidierung Bund, aber auch insbesondere die Cyber Sicherheitsstrategie für Deutschland zu nennen. Im internationalen Kontext findet u.a. die Cyber Defense Policy (NATO) oder aber auch das Cyber Defense Policy Framework (EU) Berücksichtigung. In diesem Rahmen wurde die IT-​Strategie des GB BMVg sowie die strategische Leitlinie Digitalisierung ausgearbeitet. Diese dienen als Grundlage der Umsetzung und werden regelmäßig überprüft und fortgeschrieben.

Steffen Wurzler: Organisatorisch hat die Bundeswehr auf die Herausforderungen durch die Aufstellung der Abteilung Cyber/Informationstechnik (CIT) im BMVg sowie die Einrichtung eines neuen militärischen Organisationsbereiches, den Kommando Cyber- und Informationsraum (CIR), reagiert. Nachfolgend wurde der CIR durch die Einrichtung eines Gemeinsamen Lagezentrums CIR, den Zentren für Cyberoperationen, für Softwarekompetenz, für Cybersicherheit der Bundeswehr und dem Verbund Aufklärung und Wirkung ergänzt. Damit verfügt der CIR über Fähigkeiten zur Sicherstellung eines Bundeswehr-​gemeinsamen Lagebildes und der ressortübergreifenden Zusammenarbeit, über Möglichkeiten zur Stärkung der vorhandenen Fähigkeiten zu Cyberoperationen, zur Entwicklung und Integration von Software – z.B. in einer Versuchs-​ und Testumgebung –, eines verbesserten Schutzes des eigenen CIR und Beitrags zur gesamtstaatlichen Sicherheitsvorsorge und über Möglichkeiten der Aufklärung und Wirkung im CIR aus einer Hand. Die Digitalisierung findet aufgrund ihrer hohen Entwicklungsdynamik parallel auf drei Ebenen mit elf Anwendungsfeldern statt. Die Ebenen IT-​Standardisierung, IT-​Evolution und IT-​Innovation schaffen dabei IT-​Strukturen, bauen IT-​Services auf und erschließen Neuerungen und Schlüsseltechnologien.

 

Welche konkreten Projekte gibt es (z.B.)?

Andreas Höher: Ein konkretes Beispiel für die Digitalisierung der Bundeswehr ist das Programm „Digitalisierung landbasierte Operationen“ (D-LBO). Hauptziel von D-LBO ist es, IT-​Dienstleistungen bereitzustellen, die eine vernetzte Operationsführung im mobilen taktischen Bereich ermöglichen. Hierzu muss ein durchgängiger Informations-​ und Kommunikationsverbund vom einfachen Soldaten bis hin zur der zentralen IT-​Infrastruktur der Bundeswehr auf der Ebene verlegefähiger Gefechtsstände realisiert werden. Das Programm umfasst dabei sowohl die Modernisierung der Funk- und Führungsausstattung als auch die Digitalisierung der Soldatenausstattung. In diesem Rahmen sollen in den nächsten Jahren ca. 25.500 Landfahrzeuge in 350 Varianten umgerüstet werden.

 

Welche Rolle hat die msg dabei?

Steffen Wurzler: Im Rahmen D-LBO führt die msg das Projekt „Standardisierte Rüstsatzintegration der Bundeswehr“ (StaRSBw) durch. Das Projekt dient dazu, standardisierte Vorgaben und Formfaktoren für die Integration von digitalen lnformationsübertragungs-​ und lnformationsverarbeitungsmitteln zu erarbeiten, die anschließend durch das Programm D-LBO als nationaler Standard festgelegt werden können. Durch die Standardisierung wird der Austausch sowie die querschnittliche Nutzung digitaler Führungsmittel über alle Fahrzeuge hinweg ermöglicht, deren Variantenvielfalt reduziert und die digitale Interoperabilität deutlich erhöht. Zudem ist mit einer deutlichen Kostenreduktion bei der Integration zu rechnen.

20.

Jun

Die IT-​Konsolidierung als ein zentrales Vorhaben der Modernisierung der IT in der Bundesverwaltung geht zurück auf das Jahr 2015. msg ist seit den Anfängen in vielen der daraus abgeleiteten Projekte aktiv. Herr Achtert, wo steht die IT-​Konsolidierung heute?

Werner Achtert: Einige Elemente des Vorhabens sind weit vorangeschritten. Allerdings sind sowohl die Betriebs-​ als auch die Dienstekonsolidierung noch in vollem Gange. Im vergangenen Jahr wurde die Organisation der IT-​Konsolidierung neu aufgestellt. Das BMI steuert seitdem die Dienstekonsolidierung, das BMF verantwortet die Betriebskonsolidierung. Neu ist die Rolle des Bundeskanzleramtes zum übergreifenden Controlling. Durch die Reorganisation soll die Verantwortung für einzelne Aufgaben klarer geregelt werden. Die Komplexität des Vorhabens wird dadurch nicht reduziert. Noch ist völlig offen, ob die Neuverteilung der Verantwortung zu einer schnelleren Umsetzung des Vorhabens führt. Wir werden in unserer Studie zur IT-​Konsolidierung, die wir 2021 zum vierten Mal durchführen, intensiv mit dieser Frage befassen.

 

Wo liegen die Probleme?

Werner Achtert: Die IT-​Konsolidierung Bund hat sich sechs -​politische – Ziele gesetzt, nämlich: IT-​Sicherheit gewährleisten, Kontrollfähigkeit erhalten, Auf technologische Entwicklung reagieren können, Leistungsfähiger Betrieb, Attraktiver Arbeitgeber und Schutz der Daten. Diese Ziele sind aber nicht ausreichend operationalisiert und in messbare Teilziele übersetzt worden. Damit fehlt in der Umsetzung ein übergeordnetes Zielsystem. Die Folge davon ist, dass die Projekte in der ITK nicht in ausreichendem Maße stringent geplant und gesteuert werden können. Das stellen wir auch immer wieder in unserer Beratung fest. Gleichzeitig sehen die Behörden, deren IT konsolidiert werden soll, ihre Ziele nicht genügend berücksichtigt, was in unseren vorliegenden Studien immer wieder ein zentrales Thema gewesen ist.

 

Was muss sich also ändern?

Werner Achtert: Wie gesagt: Es braucht unbedingt messbare Ziele und eine objektive und transparente Darstellung der Zielerreichung. Das ist die Voraussetzung für eine stringente Planung und Steuerung der Projekte. Das bedeutet nicht Mikromanagement bis ins kleinste Detail, sondern eine bessere Koordination der verschiedenen Vorhaben mit ihren zahlreichen Abhängigkeiten und eine verbindliche Planung von Ergebnissen. Dabei sollten Elemente aus agilen Vorgehensmodellen integriert werden. Denn die ermöglichen schnelles Feedback und damit ein zeitnahes Erkennen von Fehlentwicklungen sowie ein flexibles Reagieren und Agieren. Darüber hinaus muss ein gemeinsames Zielbild entwickelt werden, eins, das von allen Beteiligten getragen wird. Denn das gesamte Vorhaben leidet immer noch unter mangelnder Akzeptanz.

 

Wie kann diese Akzeptanz verbessert werden?

Werner Achtert: Durch eine strikte Nutzerorientierung. Die ITK darf kein Selbstzweck sein. Alle Maßnahmen müssen sich daran messen lassen, welche Verbesserung sie für die internen und externen Nutzer bringen. Was bedeutet das konkret? Werner Achtert: Die IT-​Dienstleister müssen ein Kundenmanagement entwickeln. Alle IT-DLZ, nicht nur die des Bundes, müssen sich zu Full-​Service-Providern entwickeln, mit einem klaren Produktkatalog und verlässlichen Schnittstellen zum Kunden. Behörden müssen als Kunden gesehen werden und sich als solche behandelt fühlen, was die Reaktionszeiten und die Verbindlichkeit von Leistungen betrifft. Das bedeutet aber auch, dass den Kunden nicht alle individuellen Sonderwünsche erfüllt werden können. Keine Konsolidierung ohne Standardisierung.

 

Hat sich in diese Richtung bereits etwas getan?

Werner Achtert: Ja, eindeutig. Die IT-DLZ sind heute völlig anders aufgestellt als 2015 zum Zeitpunkt unserer ersten Studie zur IT-​Konsolidierung. Das Leistungsangebot ist klarer, und die internen Serviceprozesse sind bei den meisten IT-DLZ deutlich professionalisiert worden. Die große Herausforderung für die nächsten Jahre bleibt die Standardisierung und die Übernahme der IT-​Dienste aus den vielen Einzelbehörden. Es bleibt also noch einiges zu tun.